© Claudius-Ensemble, 2020
Matthias Claudius
Wissenswertes zum Mondgedicht
Das
Abendlied
"Der
Mond
ist
aufgegangen"
zählt
zu
den
bekanntesten
Gedichten
von
Matthias
Claudius
und
der
deutschen
Literatur
überhaupt.
Seine
erste
Veröffentlichung
fand
1771
im
"Vossischen
Musenalmanach"
statt.
Vorlage
war
Paul
Gerhardts "Nun ruhen alle Wälder" von 1653.
Die Zeitung “Die Welt” schreíbt dazu in Ihrem Kulturteil am 21.01.2015 [1]
Das "Abendlied" ist das berühmteste Gedicht
Kein deutsches Gedicht wird so oft gedruckt wie dieses: "Der Mond ist aufgegangen".
Auch 200 Jahre nach seinem Tod schlägt Matthias Claudius selbst Goethe nach Punkten.
Ein Experte erklärt warum.
Das
berühmteste
deutsche
Gedicht?
Stammt
nicht
etwa
von
Goethe
oder
Schiller,
sondern
von
Matthias
Claudius,
der
heute
vor
200
Jahren
starb.
So
wenig
man
mit
dem
Dichter
noch
verbindet,
so
sehr
kennt,
hört
und
singt
man
bis
heute
sein
"Abendlied":
"Der
Mond
ist
aufgegangen
/
Die
goldnen
Sternlein
prangen
/
Am
Himmel
hell
und
klar".
Ist
das
romantisch?
Schon.
Kitschig?
Vielleicht.
Aber
vor
allem
tröstlich.
Versöhnlich.
Friedlich.
Dunkelheit
ist
"eine
stille
Kammer
/
Wo
Ihr
des
Tages
Jammer
/
Verschlafen
und
Vergessen sollt", dichtete Claudius – nicht nur für Kreuzfromme.
Säkularisiert
lebt
der
gute
Einschlafwunsch,
das
menschliche
Urbedürfnis
über
Generationen
und
Zeitalter
hinweg,
bis
heute
fort,
etwa
im
Grußritual,
mit
dem
Ulrich
Wickert,
der
Matthias
Claudius
der
ARD-Tagesthemen,
uns
Zuschauern
von
1991
bis
2006
eine "geruhsame Nacht" wünschte. Egal, was war und ist, findet Ruhe!
Claudius
erfand
mit
dem
"Abendlied"
das
Baldriparan
Forte
der
deutschen
Lyrik,
die
Nummer
eins
noch
vor
"Wandrers
Nachtlied"
von
Goethe.
Bei
Claudius
geht
es
nicht
atemlos
durch
die
Nacht
wie
bei
der
Schlagersängerin
Helene
Fischer,
vielmehr
lässt
er
einen
ganz
schön
schlottern,
mit
seiner
metaphysischen
Unruhe:
"Verschon
uns,
Gott!
mit Strafen! / Und lass uns ruhig schlafen."
Im
Grunde
denkt
sich
Claudius
die
Nacht
als
"Großes
Kino
für
uns
zwei"
wie
Helene
Fischer,
nur
dass
die
zwei
bei
ihm
Gott
und
Mensch,
wenn
nicht
sogar
Gott
und
Menschheit sind: "Lass uns ruhig schlafen! / Und unseren kranken Nachbarn auch!"
Über
70
Vertonungen
kennt
das
noch
vor
der
Französischen
Revolution
entstandene
"Abendlied",
die
erste
von
Schubert,
die
bislang
letzte
von
Herbert
Grönemeyer.
Unzählige
Parodien
("Der
Mund
ist
aufgegangen"),
Verballhornungen
und
Zitate
–
etwa
in
Ingrid Nolls Krimi "Kalt ist der Abendhauch" – sind da noch nicht einmal eingerechnet.
Wie
aber
kann
man
überhaupt
messen
und
wissen,
dass
dieses
Claudius-Gedicht
das
populärste
aller
deutschen
Gedichte
ist?
Nun,
man
muss
sich,
am
besten
ganz
weit
weg
vom
kalten
Mond,
einfach
mal
sommers
auf
die
Terrasse
des
Deutschen
Literaturarchivs
Marbach
wagen.
Mit
etwas
Glück
trifft
man
dort
Hans
Braam,
einen
älteren,
sympathischen
Herrn
mit
Hosenbund
über
dem
Bauchnabel
und
Schnauzbart.
Braam
kommt
seit
vielen
Sommern
regelmäßig
nach
Marbach
und
wertet
Anthologien,
also
Gedichtsammlungen,
nach
Häufigkeit
der
in
ihnen
versammelten
Gedichte
aus.
Je
mehr
Gedichtsammlungen
sich
auf
das
gleiche
Gedicht
einigen,
desto
eher
gehört
es
zum
Kanon.
Was landet im Kanon?
Braam
führt
auf
seinem
Laptop,
das
tatsächlich
noch
mit
MS-DOS
läuft,
Belege
über
4000
Dichter
und
mehr
als
40.000
Gedichte.
"1987
habe
ich
das
Ding
angefangen",
sagt
er
in
schönstem
Rheinländisch
über
seine
Datenbank,
die
ein
Buchgenre
vermisst,
das
so
aparte
Titel
trägt
wie
"Gedichte
fürs
Gedächtnis"
(Ulla
Hahn)
oder
"Ewiger
Vorrat
deutscher Poesie" (Rudolf Borchardt).
Vielleicht
ist
Braam
mit
seiner
Datenbank
und
seiner
Kenntnis
der
Vorratsversexperte
für
den
lyrischen
Kanon
im
deutschsprachigen
Raum.
Auf
jeden
Fall
hat
er
den
Nachweis
erbracht,
dass
kein
Gedicht
so
häufig
in
deutschen
Gedichtsammlungen
auftaucht
wie
Claudius' "Abendlied".
Es
ist,
wie
Hans
Braam
und
Lutz
Hagestedt
von
der
Uni
Rostock
einmal
in
einem
Aufsatz
schrieben,
"seit
Jahrzehnten
unangefochten
das
am
besten
belegte
deutsche
Gedicht
in
deutschen
Anthologien".
Mit
mehr
als
hundert
Belegen
rangiert
es
weit
vor
Goethe,
der
mit
rund
80
Treffern
die
Plätze
zwei
und
drei
belegt,
und
zwar
mit
"Erlkönig"
und
"Wandrers Nachtlied".
Und
wenn
man
Braam
und
Hagestedt
Glauben
darf,
dann
hat
Claudius'
"Abendlied"
nicht
nur
alle
politischen
und
ideologischen
Zeitläufte
unbeschadet
überstanden,
es
wird
auch,
wie
es
scheint,
"niemals
vom
ersten
Platz
der
Rangfolge
verdrängt
werden".
Einmal
Heavy
Rotation,
immer
Heavy
Rotation?
Vielleicht
funktionieren
Gedichtsammlungen
tatsächlich kaum anders als Hitradios.
Wobei
man
zu
Ehren
von
Claudius
sagen
muss,
dass
er
–
bei
aller
Popularität
des
"Abendliedes"
–
kein
One-Hit-Wonder
ist.
In
der
auf
Hans
Braams
Datenbank
basierenden
Sammlung
"Die
berühmtesten
deutschen
Gedichte"
(Kröner)
kann
man
weitere
Claudius-Gedichte
entdecken:
sein
"Kriegslied"
zum
Beispiel,
das
wohl
nicht
zufällig
erst
nach
1945
kanonisiert
wurde,
weil
es
vorher
als
wehrkraftzersetzend
gelesen
wurde:
"Wenn
wackre
Männer,
die
sich
Ehre
suchten
/
verstümmelt
und
halb
tot
im
Staub
sich
vor
mir
wälzten
und
mir
fluchten
in
ihrer
Todesnot",
dann
nennen
wir
das
heute Trauma.
Claudius
hat
viele
lebenskluge
Gedichte
über
den
Mensch
und
den
Tod
geschrieben,
aber
auch
die
Schönheit
davor:
"Seht
ihr
den
Mond
dort
stehen?
Er
ist
nur
halb
zu
sehen
/ Und doch rund und schön!"
[1]
zitiert: http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article136582839/Das-Abendlied-
ist-das-beruehmteste-Gedicht.html
Dank
der
Melodie
von
Johann
Abraham
Peter
Schulz
in
der
Sammlung
"Lieder
im
Volkston"
(1790)
fand
das
Abendlied
auch
in
der
Musik
seinen
Platz
und
erfuhr
bisher
mehr
als
70
Vertonungen,
von
Franz
Schubert
und
Michael
Haydn,
über
Max
Reger
und Ernst Pepping, bis Carl Orff und Herbert Grönemeyer.
Der Mond ist
aufgegangen
Der Mond ist aufgegangen
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und
schweigend,
Und aus den Wiesen steigend
Der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so stille,
Und aus der Dämm´rung Hülle
So traurig und so hold.
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.
Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil uns´re Augen sie nicht
seh´n.
Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder,
Und wissen gar nicht viel.
Wir spinnen Luftgespinste,
Und suchen viele Künste,
Und kommen weiter von dem
Ziel.
Gott, laß dein Heil uns schauen,
Auf nichts Vergänglich‘s bauen,
Nicht Eitelkunst uns freu`n!
Laß uns einfältig werden,
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich
seyn!
Wollst endlich sonder grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod
Und, wenn uns genommen,
Laß uns im Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!
So legt euch denn ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon´ uns Gott mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
Und unser`n kranken Nachbarn
auch!
Sage nicht alles, was Du weist, aber wisse immer, was Du sagst
.
Matthias Claudius
Matthias und Rebekka Claudius
Grabstätte Historische Friedhof Wandsbek
(www.wikipedia.de)
Denkmal von Waldemar Otto
für Matthias Claudius
(www.wikipedia.de)